Rückenschmerzen: eine personalisierte Smartphone-basierte Lösung

Forschende aus den Bereichen Ingenieurwesen, Medizin und Gesundheitswissenschaften haben mit der Medizinaltechnikindustrie zusammengearbeitet, um Schmerzen im unteren Rückenbereich mit Hilfe von Smartphones und Wearables zu untersuchen. Ziel war, das Krankheitsbild Rückenschmerzen besser zu verstehen und mithilfe mobiler Gesundheitstechnologien neue Lösungsansätze für Therapie und Prävention zu entwickeln.

  • Porträt / Projektbeschrieb (abgeschlossenes Forschungsprojekt)

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    Eine mHealth-App soll es Freiwilligen (sogenannten «citizen scientists») ermöglichen, ihre Aktivitäten im Zusammenhang mit Rückenschmerzen zu bewerten und zu dokumentieren. Auf diese Weise können wichtige Daten einer Gruppe von Menschen gesammelt werden, bei denen das Risiko besteht, dass sie an Rückenschmerzen leiden, und es wird ein Licht auf die individuellen Erfahrungen dieser Menschen mit Rückenschmerzen geworfen. In diesem Projekt sollten neue experimentelle Strategien entwickelt werden, um verschiedene Methoden zur Vorbeugung oder Verringerung von Rückenschmerzen zu testen, z. B. Physiotherapie, Physiotherapie und Gesundheitserziehung, sensorgestützte Smartphone-Spiele. Mit kleinen Gruppen von App-Nutzerinnen und -Nutzern sollten diese Methoden auf ihre Wirksamkeit hin untersucht werden. Neben der Frage, welche Behandlungen funktionieren und warum, sollte auch untersucht werden, wie die für alle am besten geeignete Methode auf der Grundlage des persönlichen Datenprofils ausgewählt werden kann.

  • Hintergrund

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    Nahezu jede in der Schweiz lebende Person leidet im Laufe ihres Lebens mindestens einmal an Rückenschmerzen – einer vielfältigen, komplexen und bis heute noch nicht vollständig verstandenen Erkrankung. Teure chirurgische Eingriffe sollten vermieden werden. Angesichts der vielfältigen Ausprägungen dieser Krankheit ist es für die Ärztinnen und Ärzte nicht immer leicht, die richtige Behandlungsmethode zu finden. Ein wichtiger Schritt zur Lösung des Problems besteht darin, die Bedürfnisse der einzelnen Person während der Phasen mit Schmerzen im unteren Rückenbereich und ihre Reaktionen auf verschiedene Behandlungen besser zu verstehen. Digitale Technologien wie Smartphones, tragbare Sensoren und maschinelles Lernen können hierbei gute Dienste leisten.

  • Ziele

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    Ziel des Projekts war der Einsatz mobiler Gesundheitstechnologien (mHealth-Tools), um Veränderungen bei Personen mit Rückenschmerzen zu identifizieren. Es sollten Modelle des maschinellen Lernens entwickelt werden, um Wege zur Vorbeugung von Schmerzen im unteren Rückenbereich personalisiert aufzuzeigen, indem grosse Datensätze verwendet werden, die mit Smartphone-Apps von Personen mit und ohne Schmerzen zu Hause und in der Klinik aufgezeichnet wurden. Es sollten neuartige Strategien zur Aufbereitung von Gesundheitsdaten, zur Entwicklung von Analysesoftware und zum Umgang mit diesen sensiblen Gesundheitsdaten aufgezeigt werden.

  • Bedeutung / Anwendung

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    Dieses Projekt soll Ärztinnen und Ärzten durch mobile Gesundheitstechnologien eine bessere Verfolgung von Behandlungsfortschritten und ein tieferes Verständnis der Krankheitsmechanismen von Rückenschmerzen ermöglichen. Die neu entwickelten Softwarekonzepte und Algorithmen sollen Datenwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern helfen, die Datenerfassung zu vereinfachen, die Datenqualität zu gewährleisten und präzisere Analysen zu ermöglichen. Aber auch die Gesellschaft soll profitieren: von nützlichen Erkenntnissen über die Gesundheit und neuen Lösungen für eine bessere Behandlung von Rückenschmerzen.

  • Resultat

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    In diesem Projekt wurde die Smartphone-App «Swiss Health Challenge» entwickelt, mit der anonymisierte Daten für die Forschung gesammelt, übertragen und gespeichert werden können. Die App wurde so konzipiert, dass sie die Nutzerinnen und Nutzer in Form von «Challenges» anspricht. Sie wurde in zwei klinischen Studien eingesetzt, in denen ehemalige Patientinnen und Patienten sowie Risikopersonen für Rückenschmerzen untersucht wurden.

    Die erste Studie lieferte neue Erkenntnisse über den Einsatz digitaler Tools zur Behandlungsunterstützung. Der Einsatz der «Exergaming-Intervention» hatte keinen Einfluss auf die Bewegungsresultate. Dieses Ergebnis bestätigt, dass Personen, die nicht stark von Rückenschmerzen betroffen sind, schwierig zu überwachen und zu behandeln sind. Die Studie hebt sich jedoch von anderen in Bezug auf den Einsatz digitaler Hilfsmittel zur objektiven Überwachung der Therapietreue in realen Situationen ab. Ausserdem lieferten die Ergebnisse neue Erkenntnisse darüber, dass die Angst vor Bewegung mit mehreren richtungsspezifischen Parametern des Haltungsschwankens bei Rückenschmerzen zusammenhängt.

    In der zweiten Studie wurden jugendliche Skifahrerinnen und Skifahrer überwacht, um Überlastungen zu erkennen, die möglicherweise zu Rückenverletzungen führen. Die App wurde verwendet, um das Skitraining mit den Höhen- und Beschleunigungssensoren zu überwachen. Es konnte gezeigt werden, dass diese Informationen weit mehr Details liefern können als Selbstberichte.

    Um all diese medizinischen Big Data zu verarbeiten, wurde eine Reihe von Tools für das maschinelle Lernen entwickelt, die das Feld voranbringen:

    1. Einführung eines neuen Modells zur Integration einer beliebigen Anzahl von Symptomeinschätzungen aus verschiedenen Arten von Messungen über lange Zeiträume.
    2. Entwicklung eines Mechanismus, der die Bedeutung der Messungen quantifiziert.
    3. Vorschlag neuer Methoden, um die Lernaufgaben viel schneller als bestehende End-to-End-Deep-Learning-Ansätze durchzuführen.
    4. Nachweis, dass die Ansätze des Projekts zu erheblichen Verbesserungen der Vorhersageleistung führen. Mit diesen Methoden konnten die Herausforderungen von sogenanntem Missingness, spärlichen Daten, langfristigen zeitlichen Abhängigkeiten zwischen Messungen und multivariaten Daten mit unregelmässigen Stichproben gelöst werden.

    Trotz neuer Erkenntnisse aus den Studien und Fortschritten bestätigen die Ergebnisse, dass Schmerzen im unteren Rückenbereich nach wie vor eine komplexe und schlecht verstandene Krankheit sind, die weiterer Forschung und Untersuchung bedarf.

  • Originaltitel

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    Personalized management of low back pain with mHealth: Big Data opportunities, challenges and solutions